Josef Wund Stiftung gGmbH | Königstraße 26 | D - 70173 Stuttgart

Rund um den Weltwassertag - #3

Der Weltwassertag nimmt das Leitthema unserer Stiftung in den Blick: Wasser. Deshalb nehmen wir den Undine Award und seine bisher neun Preisträgerinnen mit ihren Zukunftsideen und Fortschritten in den Blick mit einer Reihe von Geschichten. Den Auftakt macht der Gewinner des Undine Award 2024 – Kategorie Lebensfreude – Ocean Gallery.

Wassermensch

Julia Ochs und ihre Ocean Gallery in Stuttgart

Eine Galerie mit Fotos vom Meer. Mitten in Stuttgart. Das passt doch nicht zusammen, erklären nicht wenige Besucher der Betreiberin der Ocean Gallery in der Eberhardstraße. Julia Ochs antwortet dann: „Genau hier gehört meine Galerie hin!“ Mitten ins Herz dieser Großstadt, weit weg vom Meer. Die 37-jährige Fotografin, die in Ehingen bei Ulm aufgewachsen ist, stellt ihren Gästen gerne diese Frage: „Was verbindest Du mit dem Meer?“ Die Antwort der Menschen ist meist kurz und knapp: „Urlaub!“ Doch es ist eben weitaus mehr als ein Urlaubsort. Ohne das Ökosystem Meer, sagt Julia Ochs dann, „könnte die Menschheit gar nicht überleben“. Denn die Weltmeere produzieren Sauerstoff und speichern Kohlenstoff. „Jeden zweiten Atemzug verdanken wir den Meeren.“ Jahr für Jahr erzeugten die Meerespflanzen etwa so viel Sauerstoff und binden so viel Kohlenstoff wie sämtliche Pflanzen an Land.

Die Mitte 2023 als Pop-up-Store eröffnete Ocean Gallery ist ein ganz besonderer Ort im Herzen der schwäbischen Metropole. Ein Ort, der 2024 von der Josef Wund Stiftung mit dem Undine Award ausgezeichnet worden ist. Die Stiftung würdigt diese ungewöhnliche, engagierte Frau für „den mutigen Schritt Meeresschutz durch Kunst zu vermitteln und zu unterstützen“. Die Fotografin, die an der Hochschule der Medien in Stuttgarter studiert hat, verbinde ihre Arbeit mit Bewusstseinsbildung. Julia Ochs verkauft spektakuläre Meeresfotos und spendet rund die Hälfe der Einnahmen an Nicht-Regierungsorganisationen, die sich für die Meere einsetzen. Sie kooperiert mit anderen Künstlerinnen und Künstlern, veranstaltet Workshops, hält Vorträge, besucht Schulklassen, wird von Firmen zu Veranstaltungen eingeladen.

Mit dem Preisgeld der Stiftung hat sie ein großes Ozean-Fest veranstaltet und eine Outdoor-Ausstellung konzipiert, die im Sommer 2024 in Sankt Peter Ording zu sehen war und nach dem Willen der Macherin möglichst bald auch andernorts zu sehen sein sollte. Julia Ochs sucht Sponsoren, die den Transport und den Aufbau bezahlen.

Julia Ochs ist ein Wassermensch. Die Meere ziehen sie magisch an. Sie selbst spricht von einer „intrinsischen Motivation“ - immer wieder müsse sie ans Meer reisen. Im Gepäck hat sie immer ihre wasserfeste Kamera. „Nachdem ich in den vergangenen Jahren zunehmend mit NGOs und Meeresschutz-Vereinen zusammengearbeitet habe, wurde mir immer bewusster, wie gefährdet die Ozeane eigentlich sind, und mir war klar: Ich will etwas tun!“ Deshalb die Idee: eine Meeres-Galerie mitten in Stuttgart.

„Wir brauchen das Meer zum Überleben“, sagt Julia Ochs. Das Meer sei nicht nur Sauerstofflieferant und Kohlenstoffspeicher, sondern auch Klimaregulator - „ein überlebenswichtiges Ökosystem“. Der Zustand der Meere sei desaströs. Die Meere werden immer wärmer, Korallen sterben ab. „Fischbestände sinken drastisch und gleichzeitig wird der Müll, der im Meer landet, nicht weniger, sondern mehr.“ Die weltweite Plastikproduktion werde sich bis 2050 verdoppeln. Unter Wasser nehme der Lärm aufgrund menschlicher Aktivitäten stetig zu. Der Bau von Offshore-Windparks der Tiefseebergbau bedrohten „das geschwächten Ökosystems“.

Viele Menschen fühlten sich angesichts all dieser negativen Nachrichten oft machtlos. „Ich spreche lieber von Mitmachgefühlen als von Ohnmachtsgefühlen“, so die Aktivistin. „Mit meiner Arbeit als Meeresfotografin möchte ich einen Beitrag leisten. Ich möchte Veränderung bewirken und die Menschen durch meine Bilder und Geschichten für das Thema Meeresschutz sensibilisieren und begeistern.“ Julia Ochs ist wichtig, „dass die Menschen erkennen: Auch eine Einzelperson kann einen Unterschied machen in der Welt.“

Wie wurde diese Frau, die in einem kleinen Ort im Alb-Donau-Kreis aufgewachsen ist, zur Meeresliebhaberin? Die kleine Julia wächst mit zwei älteren Brüdern auf. Das Haus der Familie steht direkt am Ufer des Flüsschens Schmiech. „Wir sind als Kinder oft Schlauchboot und Kanu gefahren.“ Das Faible fürs Wasser wird ihr quasi in die Wiege gelegt. Nach den Studienabschluss ist klar: Julia Ochs geht für ein Jahr nach Australien. Durch puren Zufall, erzählt sie an einem Wintertag in ihrer Galerie, habe sie Down Under einen Job als Fotografin in einem Surfcamp bekommen. „Seither muss ich immer wieder ans Meer fahren.“ Später arbeitet die Baden-Württembergerin ein knappes Jahr lang in Cornwall und im Anschluss daran fast zwei Jahre lang an der portugiesischen Atlantikküste. Sie reist ein paar Monate lang mit einem Berliner Fotografen als dessen Assistentin kreuz und quer durch Deutschland - und kehrt dann zurück ins Ländle, der Familie wegen. Julia Ochs arbeitet als Reportage-Fotografin, besucht aber weiter regelmäßig die verschiedensten Meere. Besonders fasziniert ist sie vom Meer im Norden Europas. Wann immer möglich, sagt sie und lacht, verbinde sie ihre zwei Leidenschaften: das Fotografieren und das Meer. Werbefotografie sei nichts für sie. Sie wolle „keine Menschen dazu antreiben, Dinge zu kaufen, die sie nicht brauchen“ sondern mit ihren Fotos „den Unterscheid machen“.

Eine Fotostrecke von Julia Ochs über Schleppnetzfischerei wird auf der Webseite des kalifornischen Outdoor-Bekleidungsherstellers Patagonia veröffentlicht, ein Foto, das Julia Ochs von einem Surfer im Eismeer macht, beim Preis „Ocean Photographer of the Year“ in der Kategorie „Adventure“ nominiert. Besonders gerne ist Julia Ochs dort, wo es gefährlich sein kann: ganz allein im Eiswasser, eingepackt in einem schützenden Neoprenanzug. Sie sagt: „Es gibt noch so viele Geschichten, die erzählt werden müssen.“ Geschichten vom Meer und vom Meeresschutz.

INFO

Die Ocean Gallery, Eberhardstraße 3 in Stuttgart, ist immer montags, mittwochs und freitags von 14 bis 18 Uhr sowie auf Anfrage geöffnet. Der Pop-up-Store muss Ende April ausziehen, Julia Ochs sucht einen neuen Standort, möglichst wieder mitten in Stuttgart.

www.ocean-gallery.de

 OceanGallery - c MatthiasMischkolin

Foto: Ocean Gallery, c Matthias Mischkolin